Die selbst gen??hte Alltagsmaske ist ein Relikt. Es wird h??chste Zeit, dass wir alle professionelle Masken tragen, die auch uns selbst vor dem Virus sch??tzen. Bezahlen muss sie der Staat.
FFP2-Tr??gerin: Die Kanzlerin sch??tzt sich schon seit Monaten mit professionellen Masken
Foto: Christian Spicker??/ imago images/Christian Spicker
Wer glaubt ernsthaft, dass uns das bisschen Tuch vor Mund und Nase davor sch??tzt, Coronaviren einzuatmen? Und doch tragen noch immer Millionen Menschen in Bus, Bahn und Supermarkt solch selbst geschneiderte Stoffmasken.
Nach zehn Monaten Pandemie, mitten im zweiten Shutdown, w??hrend das Virus durch Deutschland tobt. Trotz hunderter Toter und zehntausender Neuinfektionen t??glich. Und trotz der noch ansteckenderen Mutationen, die sich auch hierzulande demn??chst ausbreiten k??nnten.
Es wird h??chste Zeit, dass wir alle in Risikosituationen die daf??r geschaffenen Masken tragen ??? FFP2-Masken ohne Ventil. Denn diese Produkte werden genau f??r diesen Zweck erdacht, gepr??ft und zertifiziert: um Schadstoffe aus der Luft zu filtern, zum Beispiel die ber??chtigten Aerosole. Beim Einatmen und beim Ausatmen.
Im Prinzip ist daher der Ansatz des bayerischen Ministerpr??sidenten Markus S??der richtig, FFP2-Masken im Nahverkehr und im Einzelhandel vorzuschreiben. Allerdings haben S??der und seine Leute die Umsetzung ihrer neuen Pflicht f??r echte Schutzmasken zuerst nicht gut durchdacht. Sie m??ssen nun nachsteuern.
Ob im Flugzeug, beim Einkaufen oder auf dem Amt: Eine deutschlandweite FFP2-Maskenpflicht in Innenr??umen mit vielen Menschen w??re h??chst sinnvoll. Aber die Bundesregierung m??sste sie ordentlich vorbereiten. Und die FFP2-Masken kostenlos ausgeben: zumindest an einkommensschwache B??rger.
Die sogenannten Alltagsmasken sind ein Relikt. Aus der Not geboren im vergangenen April, als es losging mit der Maskenpflicht. Professionelle Schutzmasken waren damals Mangelware: ??Gold wert??, wie Jens Spahn sagte. Die wenigen, die es gab, sollten ??rzten und Pflegern vorbehalten bleiben. Zu Recht. Selbst einfache OP-Masken waren hier und da knapp. Und: Ein selbst geschneiderter Mund-Nasen-Schutz, ein Schal oder ein Halstuch vor dem Mund sind viel besser als gar nichts. Sie k??nnen andere Menschen vor der Tr??pfchen-Infektion bewahren, den ausgeatmeten oder ausgehusteten Luftstrom ablenken, verhindern, dass sich das Virus weit in R??umen verteilt.
Aber all dies erreichen die Eigenbau-Masken immer nur teilweise ??? l??ngst nicht so gut wie die eigens daf??r konzipierten ventillosen FFP2-Masken mit ihren eingearbeiteten Filtern. Und die Tr??gerin oder den Tr??ger selbst kann das St??ck Stoff kaum davor bewahren, kontaminierte Umgebungsluft einzuatmen. Vielleicht haben Sie trotz ??bergestreiftem Do-it-yourself-MNS schon mal das Parf??m oder den kalten Rauch Ihrer Sitznachbarn gerochen.
Milliarden Masken auf Lager
Seit dem vergangenen Sommer ist es vorbei mit dem FFP2-Mangel. Jede, jeder, kann sich eine professionelle Schutzmaske kaufen. V??llig legal. In der Apotheke, in Gesch??ften, im Netz. Das Atmen mag anfangs etwas schwerer fallen als durch ein Baumwolltuch. Aber viele FFP2-Tr??ger gew??hnen sich schnell. Und: wenn Sie diese Maske richtig aufsetzen ??? hier ist Aufkl??rung wichtig ??? sind Sie und die Menschen in Ihrer Umgebung gesch??tzt. Nicht perfekt, aber definitiv besser als mit dem Eigenbau.
Verglichen mit anderen Corona-Ma??nahmen wie der Schul-, Kita-, Restaurant- und Ladenschlie??ungen, Ausgangssperren oder 15-Kilometer-Radien schr??nkt die erweiterte Maskenpflicht unser Leben kaum ein. Sie kann aber viele Ansteckungen verhindern. FFP2-Masken ohne Ventil m??ssen gem???? europ??ischer Norm mindestens 94 Prozent der in der Luft befindlichen Partikel bis zu einer Gr????e von 0,6 Mikrometern auffangen.
Laut Sch??tzungen von Logistikern liegen Milliarden von FFP2-Masken einsatzbereit auf Lager. Und f??r die meisten Bundesb??rger d??rften sie erschwinglich sein: bei St??ckpreisen ab 1,50 Euro f??r Produkte mit CE-Kennzeichen. F??r Menschen mit niedrigem Einkommen ist das allerdings immer noch viel Geld. Und w??rde eine bundesweite Maskenpflicht von heute auf morgen unvorbereitet eingef??hrt, k??nnte es Beschaffungschaos geben.
S??ders bayerische Regierung macht sich einen schlanken Fu??. Sie behauptete pauschal, es gebe gen??gend Masken im Freistaat ??? wenige Stunden sp??ter waren viele Apotheken im Freistaat und Onlineh??ndler ausverkauft. Und die Landesregierung wollte anfangs die Kosten allen B??rgern aufb??rden, bis hin zu den Schw??chsten. Jeder werde ??auch selber einen Beitrag leisten k??nnen??, sagte Gesundheitsminister Klaus Holetschek. Das ist unsozial bei einem Hartz-4-Regelsatz f??r Gesundheitspflege von 0,57 Euro pro Tag.
Ein Shitstorm folgte, nun will die Staatsregierung Bed??rftigen in Bayern offenbar 2,5 Millionen FFP2-Masken gratis bereitstellen. Lange reichen wird diese Menge nicht.
Der Kampf gegen die Pandemie ist Staatsaufgabe. Es geht um unser aller Gesundheit. Wenn die verantwortlichen Politiker eine FFP2-Maskenpflicht verk??nden, m??ssen sie vorab sicherstellen, dass genug FFP2-Masken erh??ltlich sind. Sie m??ssen die B??rger aufkl??ren, wie man die Masken richtig tr??gt. Und wenn die Entscheider dreimal mit Steuermilliarden den Reisekonzern TUI retten k??nnen, dann d??rfen sie bei FFP2-Masken nicht knausern. Die sind im Gro??handel bei entsprechenden Mengen ab 0,50 Euro pro St??ck zu haben.
W??rde der Staat allen B??rgern eine Maske pro Tag schenken, w??rde ihn das rund 1,25 Milliarden Euro im Monat kosten. Ein Bruchteil dessen, was der Shutdown verschlingt. Und so viele Masken muss der Staat nicht verschenken. Ich selbst etwa kann mir die FFP2 leisten, und es gibt Millionen Deutsche oberhalb meiner Gehaltsklasse. Au??erdem k??nnen auch Einweg-FFP2-Masken US-Wissenschaftlern zufolge bedenkenlos mehrfach verwendet werden, indem man sie mithilfe eines Kochers sterilisiert.
Eine bundesweite FFP2-Maskenpflicht in Verkehrsmitteln und Gesch??ften k??nnte Tausende Menschenleben retten. Sie darf jedoch nicht ohne Vorbereitung verordnet werden. Die Bundesregierung und die anderen Bundesl??nder sollten sich Bayerns Vorsto?? genau anschauen. Und dann das Richtige tun, aber richtig.