Kinder mit Pims-Syndrom Die T??cke der asymptomatischen Coronaverl??ufe

Bei infizierten Kindern gibt es oft keine Symptome ??? aber Folgen, wenn sie die Sars-CoV-2-Infektion hinter sich haben (Symbolbild)
Foto: Daniel Reinhardt??/ dpaAn Kindern und Jugendlichen geht das Coronavirus meist vorbei, ohne dass es zu ernsthaften Symptomen oder ??berhaupt einer Erkrankung kommt. Doch seit einiger Zeit sind Kinder??rzte alarmiert. Denn ein neuartiges Syndrom bef??llt manche Kinder ??? Wochen, nachdem sie eine Sars-CoV-2-Infektion hinter sich haben. Die Sp??tfolge geht mit heftigen Entz??ndungsreaktionen in verschiedenen Organen durch ein fehlgeleitetes Immunsystem einher, sie tritt zum Gl??ck nur sehr selten auf. In Deutschland ist wohl nur eines von tausend infizierten Kindern betroffen.
Doch Pims, eine Abk??rzung f??r ??Paediatric Inflammatory Multisystem Syndrome??, erwischt die Betroffenen meist heftig. Oft liegen diese Kinder dann mit vielf??ltigen Beschwerden im Krankenhaus. In den USA kam es bereits im vergangenen Jahr zu Todesf??llen im Zusammenhang mit der Krankheit. Dort haben Mediziner vom Center for Disease Control and Prevention (CDC), einer Beh??rde des amerikanischen Gesundheitsministeriums, nun eine umfassende Studie zu MIS-C (Multisystem Inflammatory Syndrome in Children), wie die Krankheit dort hei??t, vorgelegt. Die Arbeit best??tigt das, was sich schon angedeutet hat: Die meisten Kinder, die an Pims erkranken, zeigen bei einer vorangegangenen Infektion mit Sars-CoV-2 keine Symptome.
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Laut der Studie, die nun im Fachmagazin ??JAMA Pediatrics?? erschienen ist, wiesen ungef??hr drei Viertel aus einer Gruppe von mehr als 1000 untersuchten Kindern und Jugendlichen vor ihrer Pims-Erkrankung keine typischen Covid-19-Symptome auf. Von 1075 Patienten, ??ber die Daten vorlagen, hatten nur 265 typische Beschwerden. Die asymptomatischen Kinder waren in der Regel j??nger, im Schnitt etwa acht Jahre alt, w??hrend das Alter der anderen im Mittel bei elf Jahren lag. M??glicherweise ??u??ern sich die j??ngeren Kinder aber nicht so h??ufig zu ihren Beschwerden, vermuten die Forscher.
Alle in der Studie untersuchten Kinder wurden in Kliniken behandelt, mehr als die H??lfe auf Intensivstationen. Sie erkrankten ungef??hr zwei bis f??nf Wochen nach einer Coronainfektion. ??Wir nehmen an, dass die meisten Erkrankungen aus einer asymptomatischen oder milden Covid-19-Erkrankung heraus resultieren??, schreibt das Team um Ermias Belay vom Covid-19 Response Team der CDC.
Warum der K??rper der Kinder so reagiert, ist noch nicht gekl??rt. Vermutlich handelt es sich um eine verz??gerte immunologische Antwort. Die Entz??ndungsreaktionen scheinen dann aufzutreten, wenn sich die Antik??rperproduktion gegen Sars-CoV-2 auf dem H??hepunkt befindet, schreiben die Forscher.
Von den mehr als 2000 Pims-F??llen, die der CDC gemeldet wurden, hatte die Studie rund 1700 aus dem Zeitraum M??rz 2020 bis Januar 2021 untersucht (nur f??r 1075 lagen Angaben zur Covid-Symptomatik vor). 90 Prozent der Kinder litten unter gesundheitlichen Beschwerden, die mindestens vier Organe betrafen. Vor allem das Herz war betroffen. Unter den Beschwerden waren Herzmuskelentz??ndungen, niedriger Blutdruck oder St??rungen der Herzfunktion, durch die es nicht mehr ausreichend pumpte.
Vor allem junge Patienten, die keine Covid-19-Symptome hatten, erlebten solche schweren Verl??ufe mit Herzproblemen. Allerdings leiden Kleinkinder unter f??nf Jahren nicht so h??ufig unter heftigen Pims-Verl??ufen. Davon waren eher Kinder betroffen, die zehn Jahre oder ??lter waren. Insgesamt wurden in den USA 24 Todesf??lle registriert. Es lagen keine Informationen zu Vorerkrankungen vor. Auch der Magen- und Darmtrakt war bei vielen betroffen. Zwei Drittel litten unter Erbrechen, Bauchschmerzen oder Durchfall. Dazu kamen Atemwegsprobleme, Fieber und Ausschlag.
F??r Kinder??rzte d??rfte der Umstand, dass gerade Kinder und Jugendliche schwerer zu erkranken scheinen, die keine oder nur wenig Covid-Symptome gezeigt hatten, ihre Arbeit erschweren. In der Studie zeigte sich eine deutliche ??bereinstimmung in der H??ufung der F??lle mit den jeweiligen Coronawellen in den USA. Zwei Pims-Wellen seien zu erkennen, die wenige Wochen nach dem Anstieg der F??lle von Sars-CoV-2 zu verzeichnen waren. Steigen also die Fallzahlen insgesamt, sollten Eltern und Mediziner f??r Pims-Symptome sensibilisiert sein.
In Deutschland sind laut Zahlen der Deutschen Gesellschaft f??r P??diatrische Infektiologie (DGPI) derzeit 260 Pims-F??lle bei Kindern und Jugendlichen bekannt. Auch hier ergab sich eine Korrelation mit den Coronawellen bei zeitlicher Verz??gerung. ??Es zeigt sich ein Pims-Erkrankungsgipfel Ende Dezember 2020, der parallel zum Peak der Covid-19-Hospitalisierung bei Kindern und Jugendlichen aufgetreten ist??, schreibt die DGPI. Kinder mit Pims seien meist ??lter und eher m??nnlich.
Immerhin kann die Krankheit relativ gut behandelt werden. Sie ??hnelt teils dem sogenannten Kawasaki-Syndrom, einer seltenen, entz??ndlichen Krankheit, die vor allem Kinder unter f??nf Jahren betrifft. Gegen Pims werden beispielsweise Kortison und Pr??parate aus Spender-Blutplasma eingesetzte. Dazu helfen Antibiotikatherapien gegen bakterielle Infektionen, die sich die Kinder zus??tzlich zuziehen. Bisher blieben in rund zehn Prozent der F??lle bei Entlassung aus dem Krankenhaus Folgesch??den. ??ber t??dliche Verl??ufe wurde hierzulande bisher nicht berichtet. Die DGPI schreibt, dass die Aufnahmediagnose in den meisten F??llen eine andere ist ??? das passiert oft bei seltenen Erkrankungen. Aber im weiteren Verlauf erhielten die Kinder dann die entsprechende Behandlung.